Nachhaltige Zertifikate

Nachhaltiger Labeldschungel

Was sie aussagen, welche relevant sind, und ob man ihnen trauen kann

Zertifikate, Labels und Siegel – beim Einkaufen kommt man nicht mehr an ihnen vorbei und man findet sie inzwischen auf fast jedem Produkt. Sie geben an, ob ein Produkt nachhaltig ist, bei der Produktion wenig Emissionen ausgestoßen werden, dass kein Tier für das Produkt gelitten hat oder, dass das Material aus der Region kommt und ein Haus gesund gebaut ist.

Ob nun vom Staat entwickelt oder in Eigenregie von den Unternehmen: Label sollen uns helfen, sich in der Flut der Produkte und Dienstleistungen zurechtzufinden. Vorwiegend bei den bekannten Kennzeichnungen funktioniert das gut, häufig ist man aber auch einfach überfordert mit den über 1000 Kennzeichnungen, die es alleine in Deutschland gibt. Wie behält man nun den Überblick und sollte man sich auf alle Kennzeichnungen blind verlassen?

Wer entwickelt die Siegel?

Kennzeichnungen werden vom Staat, von Interessengemeinschaften und Organisationen oder von Unternehmen und privaten Anbietern entwickelt.

Staatliche Siegel geben die Einhaltung von bestimmten Gesetzen vor. Darunter zählt zum Beispiel das Bio-Siegel.

Label von Interessengemeinschaften und Organisationen bestimmen die Einhaltung vorgeschriebener Regeln, die von den Gemeinschaften selbst aufgestellt werden. Deshalb sind sie auch unterschiedlich aussagekräftig. Das Fairtrade-Siegel ist ein gutes Beispiel, da es sehr transparent ist und alle Informationen offen legt.

Zeichen von Unternehmen sind weniger vertrauenswürdig, weil sie häufig nur zu Vermarktungszwecken ins Leben gerufen werden, um bestimmte Premium-Eigenschaften eines Produktes aufzuzeigen.

Der Unterschied zwischen den Bezeichnungen




Gütesiegel, Gütezeichen oder Qualitätssiegel
Der Begriff Gütesiegel ist wettbewerbsrechtlich geschützt und wird seit 1925 von der RAL (Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung) verwendet. Gütezeichen sind Labels, die nach einer Prüfung anerkannt werden und grafisch oder schriftlich dargestellt werden.

Ein Gütesiegel tätigt eine Aussage über die (Gebrauchs-) Qualität eines Produktes und wird überwiegend privatwirtschaftlich getragen. Es haben sich Institutionen etabliert, die sich mit der Organisation, Verwaltung und Vergabe befassen.





Prüfzeichen/ Prüfsiegel
Prüfzeichen markieren Produkte, Maschinen und Fahrzeuge und geben Hinweise auf die geprüfte Einhaltung von sicherheitsrelevanten und qualitätsrelevanten Eigenschaften.

Es ergeben sich teilweise Überschneidungen zu Gütesiegeln, wobei Gütesiegel eher auf Qualität bedacht sind und Prüfzeichen auf die Sicherheit. Grundsätzlich kann jeder ein Prüf- oder Gütesiegel kreieren, es gibt keine gesetzlichen Regelungen dafür.

Umweltzeichen (Umweltkennzeichen, Öko-Label)
Ein Umweltzeichen zählt zu den Gütezeichen oder Produktlabeln und markiert Produkte und Dienstleistungen. Ein ausgezeichnetes Produkt muss umweltfreundliche Merkmale besitzen und möglichst umweltschonend zu benutzen sein und entsorgt werden können.

Es dürfen nur Inhaltsstoffe mit geringer Schadstoffbelastung verwendet werden. Diese Aspekte können sich auf einzelne Merkmale oder auf den gesamten Lebenszyklus beziehen.

Zu den geprüften Produkten zählen unter anderem Elektrogeräte, (natürliche) Kosmetika, Putzmittel und viele mehr. 27 Organisationen haben sich zusammengeschlossen um Umweltkennzeichen zu vergeben.


Nachhaltigkeitslabel und Nachhaltigkeitssiegel
Diese Kennzeichnung erhalten Produkte, die unter der Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten hergestellt wurden. Dazu zählen beispielsweise faire Arbeitsbedingungen und eine umweltfreundliche Produktion.

Regional-Label (Herkunftszeichen)
Einem Produkt, das mit dem Regional-Label gekennzeichnet ist, soll man ansehen, aus welcher bestimmten Region es kommt. Der Begriff Region ist hierbei nicht geschützt und die Hersteller können sich die Definition und die Entfernung selbst aussuchen.

Bei Produkten, die aus mehreren Bestandteilen bestehen, ist unklar, zu wie viel Prozent die einzelnen Bestandteile aus der genannten Region stammen müssen. Der Produktionsort muss nicht in der ausgewiesenen Region liegen.


Test-Label
Einrichtungen wie zum Beispiel Stiftung Warentest oder Öko-Test untersuchen Produkte und Dienstleistungen nach einem selbst aufgestellten Kriterienkatalog. Die Ergebnisse werden dann im hauseigenen Magazin veröffentlicht.

Die Ergebnisse geben einen Hinweis für Verbraucherinnen und Verbraucher auf Testergebnisse zu einem Produkt oder einer Dienstleistung. Häufig wird das Ergebnis mit einer Note (sehr gut bis mangelhaft) oder der Bezeichnung Testsieger veröffentlicht.



Andere




Handelsmarken (Eigenmarken)
Bezeichnen Produktlinien von einem Handelsunternehmen, die nur von diesem vertrieben werden und signalisieren eine bestimmte Qualität oder ein Zusatznutzen. Häufig werden sie als Informationszeichen eingesetzt.



Konformitätszeichen
Gekennzeichnet werden Produkte, Prozesse, Systeme oder Personen, die die Konformität in Bezug auf die Erfüllung festgelegter Anforderungen einer Norm, einer Spezifikation oder eines Schemas decken.


Sicherheitszeichen
Sie dienen der Unfallvermeidung, dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit.

Zertifiziert – Immer das bessere Produkt?

Zertifiziert

Eine Zertifizierung macht ein Produkt nicht automatisch besser. Schwammige Bezeichnungen wie ungespritzt, naturnah oder umweltfreundlich sollten Skepsis hervorrufen.

Viele Discounter bieten inzwischen fair gehandelte Produkte an, wobei diese nur einen Bruchteil im Sortiment ausmachen und zum Beispiel neben den billigen Schuhen für nur ein paar Euro zu finden sind. Da jeder ein neues Siegel ins Leben rufen kann, findet in dem Bereich sehr viel Greenwashing statt. Durch eine hauseigene Zertifizierung soll Vertrauen geweckt werden, aber diese Kennzeichnungen sind meist wenig transparent, verfolgen schwache Standards und sind nicht sehr aussagekräftig.

Große Unternehmen kann es abschrecken, sich zertifizieren zu lassen. Denn umso schärfer die Richtlinien sind, umso schwieriger wird es für die Herstellenden unter bestimmten Bedingungen zu produzieren.

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Nicht Zertifiziert

Man darf nicht vergessen, dass Produkte auch ohne Siegel fair gehandelt und nachhaltig sein können. Da eine Zertifizierung sehr teuer werden kann, können sich viele kleine Betriebe, die aus Überzeugung nachhaltig und ökologisch handeln, diese nicht leisten. Und trotzdem – auch ohne Zertifikat – produzieren sie qualitativ hochwertige Produkte, Lebensmittel etc.

Nehmen wir die Beispielbilder: Links sieht man ein FSC-zertifiziertes Holz, rechts eines, dass nicht FSC-zertifiziert ist. Trotzdem ist das rechte Holz nicht per se schlechter. Es handelt sich um echtes Altholz von alten Häusern aus Deutschland, Österreich und Kroatien und ist schon einige Jahrhunderte gereift. Zwar hat es keine nachhaltige Zertifizierung, findet aber ein weiteres Mal Verwendung und benötigt kurze Transportwege, wodurch es ebenfalls ökologisch wird.

» Link zum Datenblatt

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Ranking – Welches ist das wichtigste Zertifikat?

Es ist schwer zu sagen, welche dieser Bewertungssysteme, welche Zertifizierungen im Ranking ganz oben stehen, da man nicht alle Faktoren miteinander vergleichen kann und das System X vielleicht Kriterien bewertet, die System Y nicht bewertet. Dafür bewertet System Y vielleicht Kriterien, die System X dafür aber nicht bewertet. Ein Richtig und Falsch gibt es also nicht. Man sollte das gesamte Bild betrachten und sehen, ob neben den ökologischen eventuell auch die sozialen Gegebenheiten berücksichtigt werden und ein Gesamtpaket gegeben ist.

Die Zukunft des Labeldschungels

Labels und Zertifikate werden auch weiterhin wichtig für Verbraucherinnen und Verbraucher sein und als Orientierung beim Einkauf dienen. Es wird aber auch nicht einfacher, weil Unternehmen eigene Labels erschaffen können und die Auswahl nur noch undurchsichtiger und dadurch verwirrender wird.

Deshalb sollte man sich auch auf das eigene Gefühl verlassen und sich selbst über Produkte informieren, die man kaufen will. Ganz Old School ohne Label.

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