Die Kraft des Analogen

Die Kraft des Analogen

Gegentrend zur Digitalisierung

von Hannes Bäuerle

Im schönsten Rendering kann niemand wohnen. Ihre digitalen Ideen werden erst durch echtes Material real. Und nach wie vor braucht es greifbare Qualitäten, damit sich ein Raum gut anfühlt. Authentische Materialien schaffen wahre Achtsamkeit, erzählen Geschichten und haben wertvolle Traditionen. Deshalb gleich die Entdigitalisierung und Reanalogisierung zu forcieren, liegt uns von raumprobe trotzdem fern. Vielmehr versuchen wir, für Architekturschaffende und Kreative beide Welten in Bezug auf Materialrecherche zu vereinen. Da wir aktuell jedoch einen Überhang des Virtuellen und Digitalen erleben, möchten wir uns hiermit für das Analoge stark machen.

Posteingang oder Briefkasten

Haben E-Mails den selben Wert wie eine Karte oder ein echtes Muster? Dazu ein aktuelles Beispiel: Die Bemühungen von Hotels, im Gespräch zu bleiben und Sie als potentiellen Gast zu gewinnen, sind verständlich. Doch wie viele der zahlreichen E-Mails aus Ihrem Postfach haben Sie tatsächlich gelesen und welches Hotel oder Urlaubsziel ist davon in Erinnerung geblieben? Bei mir: Keines! Ganz anders dagegen das Weisse Kreuz aus dem Vinschgau in Südtirol. Letzte Woche war eine handgeschriebene Karte im Briefkasten. Darauf ein netter Gruß mit persönlicher Ansprache. Die Karte liegt seitdem auf dem Küchentisch und hat mich schon mehrfach zum Lächeln veranlasst.

Die echte Wertschätzung durch eine handgeschriebene Postkarte eines Hotels weckt die greifbare Vorfreude, dort hoffentlich bald wieder ein paar Tage verbringen zu können.

Es gibt sie, die Unternehmen, denen Ihr Begreifen am Herzen liegt. Zusammen mit einigen Materialherstellern haben wir die erste Edition der Materialmusterbox kreiert. Danke dafür im Namen der Kreativen!

Einfach digital?

Ja, die neuen Tools können die Zusammenarbeit vereinfachen. Aber seien wir doch ehrlich. Dazu benötigt es jede Menge passender Rahmenbedingungen: Eine schnelle Internetverbindung, erfolgreiche Einarbeitung, die selten auf Anhieb gelingt, die notwendige Hardware und viel Akku. Um professionell zu arbeiten, reicht die frei verfügbare Software dann doch nicht aus und es muss auf das Bezahlmodell upgedatet werden.

Die angepriesene Effizienzsteigerung der digitalen Tools verspricht mehr Geschwindigkeit in vielen Bereichen. Ist das kreative Schaffen aber nicht deutlich mehr als nur Prozessoptimierung? Bei mir entstehen neue Ideen nach wie vor mit dem Stift in der Hand, dem Cutter beim Modellbau oder verschiedenen Materialproben auf dem Tisch.

Als Pro-Mitglied bei raumprobe stärken Sie Ihre Kreativität und erhalten Ihre Muster schneller.

Eine der wichtigsten Ressourcen unsere Zeit: Kreativität. Mit ihr gelingt der Weg durch die Krise.

Auch Sehnsucht nach analoger Tätigkeit?

Je mehr Zeit wir vor dem Bildschirm verbringen, desto größer ist die Sehnsucht nach handwerklichen Tätigkeiten. Nach einem Tag vor dem Bildschirm, freuen sich viele darauf, etwas real mit den Händen zu schaffen. Dieses Arbeiten mit den Händen schafft nicht nur innere Zufriedenheit, sondern auch eine kraftvolle Verbindung zum Gegenstand.

„Man kann sich verhören, man kann sich versehen, aber man kann sich nicht verfühlen. (...) Denn unser Tastsinn ist unser Wahrheitssinn.“

(Touchmore.de, 20.05.2020)

Mit Materialcollagen beim Wettbewerb überzeugen und Bauverantwortliche begeistern.

Sinneswahrnehmungen im Dialog: Tastsinn trifft auf gustatorische Wahrnehmung.

Wo entfaltet das Analoge die größte Kraft?

Lässt sich wahre Inspiration über eine einfache digitale Bildersuche generieren? Sind die Ergebnisse nicht vielmehr die Sammlung des bereits Bestehenden und immer Gleichen? Geht es darum, den Veränderungswillen zu stärken, liegt im echten Erleben und Begreifen großes Potential. Deutlich wird das bei meinen Fachseminaren. Bei den Workshops arbeiten die Studierenden mit den Exponaten aus den Muster-Koffern von raumprobe. Die eins zu eins Übungen, Diskussionen und Präsentationen bringen ganz nebenbei und fast zwangsläufig Neues hervor.

Der Entdeckungsdrang und die Lust, neue Materialien einzuplanen, ist groß.

Neu Kompositionen und Ansätze entstehen viel leichter im Analogen.

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