Nachwachsende Bodenbeläge

Nachwachsende Bodenbeläge

Ein- und Überblick in die Naturfasern

Kennen Sie die „Schuhgröße“ Ihres ökologischen Fußabdruckes? Diese, auch als Nachhaltigkeitsindikator bezeichnete Kenngröße, ist im Bausektor sehr groß wenn nicht aktuell noch viel zu groß. Um unseren heutigen Lebensstandard auch zukünftig zu sichern, gilt es entsprechend, den negativen Abdruck deutlich zu verringern. Bei den Strategien und Anregungen, wie wir mit den in der Welt begrenzten Ressourcen zukünftig umgehen, ist ein vielversprechender Ansatz die intensivere Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Als naheliegende Materialklasse, die unmittelbar mit unserem Fußabdruck in Verbindung steht, widmet sich dieser Beitrag Bodenbelägen aus natürlichen Rohstoffen mit dem Fokus auf Naturfasern. Bei den daraus hergestellten Teppichböden kann sowohl der Rücken als auch Pol (dem sogenannten Teppich-Garn ) des Teppichbodens aus natürlichem Material gefertigt sein. Der Beitrag fokussiert sich auf das Polmaterial, das optisch und funktional entscheidende Kriterien aufweist und in direkter Verbindung zum Fußabdruck steht.


> Faser und Garn - pflanzlich, tierisch oder mineralisch
> Tierfasern (Wolle, Ziegenhaar, Seide, Weitere Edelhaare)
> Teppich aus Pflanzenfasern (Baumwolle, Hanf, Leinen, Sisal, Kokos)
> Übersicht und Einteilung

Faser - Garn

 

Zur exakten, sortenreinen Betrachtung werden hier die einzelnen Ausgangsfasern genauer erläutert, da Garn schon ein erstes Zwischenprodukt ist, bei dem nicht selten unterschiedliche Fasermaterialien gemischt werden. Bei den Fasern wird unterschieden in Naturfasern und synthetische Fasern.

Ursprung entweder pflanzlich, tierisch oder mineralisch

Natürliche Fasern unterteilen sich wiederum in tierische (organisch), mineralische (anorganisch) und pflanzliche Fasern. Tierische Fasern sind wie das menschliche Haar aus Eiweißverbindungen aufgebaut. Gewonnen werden die Fasern aus Haaren, Wollen oder Seiden die aus Spinndrüsen einiger Insekten abgesondert werden. Eines der bekanntesten Fasermaterialien tierischen Ursprungs bei Bodenbelägen ist die Schurwolle. Bei Baumwolle, Kokos, Sisal oder Hanf hingegen werden die Fasermaterialien aus Pflanzen gewonnen, widerum überwiegend aus Zellulose bestehen. Bei den pflanzlichen Fasern können diese aus unterschiedlichen Bestandteilen der Pflanzen gewonnen werden, wie den Samen, Blättern oder Pflanzenstängeln.

Diese natürlichen Fasern sind im wahrsten Sinne des Wortes nachwachsende Rohstoffe. Entsprechend lassen sich Teppichböden aus diesem Material nachhaltig produzieren.

Vielseitige Naturfaserbodenbeläge

Die Palette der verfügbaren Bodenbeläge aus Naturfasern ist inzwischen sehr vielseitig geworden und reicht von robusten Sauberlaufzonen bis hin zum feinen, edlen Seidentepich. Ob pur oder als Materialmix verarbeitet sind die daraus gewonnenen Bodenbeläge für verschiedenste Verwendung sowohl im öffentlichen Bereichen wie auch im privaten Wohnraum geeignet. Je nach Ausgangsmaterial und der Be- und Verarbeitung können allerdings die Nutzungseigenschaften, Anmutung und Strukturen stark variieren. Optisch attraktiv und aktuell wieder im Trend sind die Bodenbeläge aufgrund der natürlichen, kleinen Unregelmäßigkeiten in Struktur und Farben was hier kein Reklamationsgrund darstellt sondern vielmehr den besonderen Reiz dieser Materialien ausmacht.

Tierfasern

Wolle

Die häufigste tierische Faser ist die Wolle von Schafen, Ziegen und anderen Tieren. Aus dem Fell der Tiere lassen sich unterschiedliche Fasern gewinnen wie Schurwolle oder recycelte Reißwolle. Die Schurwolle wird direkt vom Schaf geschoren, Reißwolle ist wiederverwendete Wolle, die einen Reißwolf durch läuft, wo sie wieder zu Flocke verarbeitet wird. Die Fasern sind sehr dehnbar, relativ schmutzunempfindlich und daher pflegeleicht. Wolle weist Wassertropfen ab, kann aber bis zu 40% Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf aufnehmen, trocknet dagegen aber langsam und ist damit auch klimaausgleichend. Wolle kann sehr gut warm halten und durch walken (filzen) kann das Warmhaltevermögen noch erhöht werden. Wolle ist schwer entflammbar, aber anfällig gegen Motten. Teppichböden aus Schurwolle sind exzellente Regulatoren des Raumklimas.

Schurwolle - robustes und gleichzeitig weiches Material
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Naturbelassene Wolle, komplett ohne Farbstoffe
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Ziegenhaar

Ziegenhaar ist einer der ältesten natürlichen Spinnstoffe der Welt. Im Herbst produzieren die Tiere feine, körpernahe Wolle, um sich gegen Kälte zu schützen. Dieses Haar kann im Frühjahr abgeschoren und zur Wollherstellung eingesetzt werden. Man unterscheidet zwischen Haaren von gewöhnlichen Ziegen und den feineren Haaren der Kaschmirziege, die deutlich feiner sind als die dünnste Schafwolle. Kaschmir ist auch bekannt für seine leuchtende Farbwiedergabe, weshalb ein Teppichboden aus Kaschmir-Ziegenhaar besonders intensive Färbungen ermöglicht.

Teppiche mit Kaschmir-Ziegenhaar
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Kollektion ist in verschiedenen Qualitäten erhältlich, in denen bewährte Naturfasern wie Schuwolle, Ziegenhaar und Sisal kombiniert werden
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Seide

Die Seidenfaser ist eine edle und sehr feine Faser, die aus den Kokons der Falter von Maulbeer- bzw. Tussahspinnern gewonnen wird. Charakteristisch ist ihr Glanz und ihre hohe Festigkeit. Die außerordentliche Länge dieser Naturfaser, der aufwändige Gewinnungsprozess, ihre Reißfestigkeit, die Feinheit und der charakteristische Griff, der als sehr hautverträglich empfunden wird, machen Seide zu einer der edelsten Textilmaterialien.

Handgeknüpfter Teppich aus Wolle, Seide und Brennessel (WALTER KNOLL)
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Unikat aus 100% Seide mit changierendem Schimmer (OBJECT CARPET)
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Weitere Edelhaare

Eine ganze Reihe hochwertiger Haare von verschiedenen Tierarten, meist eher bekannt aus der Bekleidungsindustrie, kommt auch in hochwertigen Teppichen zum Einsatz. Von der Angoraziege kommt Mohair, von der Kaschmirziege das gleichnamige Kaschmir. Alpaka, Guanako, Lama oder Vicunja sind Schafkamelrassen aus Südamerika. Auch aus Kamel- oder Rosshaar wird Wolle gewonnen. Da die Tiere deutlich seltener als Schafe sind sind die Edelhaare und daraus gewonnene Wolle ausnahmslos teurer als Wolle vom Schaf.

Pflanzenfasern

Aus Blättern, Stengeln, Samen, Kapsel oder auch Früchten verschiedenster Pflanzen lassen sich Fasern gewinnen. Neben den uns bekannten textilen Erzeugnissen der Bekleidungsindustrie werden aus den auch teils sehr großen, reißfesten und rauen Fasern auch Seile, grobe Gewebe, Matten oder eben Bodenbeläge hergestellt.

 

Baumwolle

Bei der Baumwolle wächst die Faser aus der reifen, geöffneten Baumwollkapsel. Die Fasern haben unterschiedliche Längen, von denen nur die langen Fasern für die Textilproduktion verwendet werden können. Die sehr kurzen Fasern, auch Linter genannt, werden in der Zellulosproduktion verwendet. Ein besonderes Kennzeichen der Baumwolle ist ihre gute Saugfähigkeit. Sie kann ca. 20% ihres Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen und bis zu 65% ohne zu tropfen. 

Gestrickter Bauwollteppich
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Hanf

Vielen Menschen ist Hanf leider nur bekannt zur Herstellung von Rauschmitteln. Dabei ist es eine vielseitig einsetzbare Pflanze: ob als Faserpflanze, Heilpflanze oder zur Gewinnung des wertvollen Öles. Als Nutz- bzw. Kulturhanf hat Hanf hervorragende Eigenschaften: er laugt aufgrund seiner Selbstverträglichkeit keine Böden aus, wächst schnell, ist genügsam und gedeiht fast überall. Der Wasserbedarf ist erheblich geringer als der von Baumwolle.

Natürlicher Trittschallschutz aus Hanffasern
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Leinen

Aus der Flachspflanze werden Fasern gewonnen, die bis zu 60 cm lang sein können. Im Vergleich zur Baumwolle saugen die Fasern weniger Feuchtigkeit auf und trocknet auch schneller. Allerdings ist Leinen durch den Pflanzleim steifer und härter als Baumwolle und knittert. Daraus gewonnene Stoffe oder Bodenbeläge haben eine glatte, matt glänzende Oberfläche die wenig schmutzanfällig ist und nicht fusselt. Das geschützte Warenzeichen „Masters of Linen“ als Qualitätsauszeichnung steht dafür, das zu 100 Prozent, von der Ernte über die Faser bis hin zum fertigen Gewebe in Europa produziert wird.

Handgetufteter Hochflorteppich aus Schurwolle und Leinen
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Marmoleum besteht aus Leinöl aus den Samen der Flachspflanze (Forbo Flooring)
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Sisal

Aus den Blättern der Sisalagave, deren Haupt-Anbaugebiet Mexiko ist, wird der Faserrohstoff gewonnen. Nach einer Wachstumsperiode von ca. vier Jahren können die ersten Blätter geerntet werden. Wie die meisten Naturfasern auch ist Sisal hygroskopisch und zieht sich bei Feuchtigkeit zusammen, bei Trockenheit dehnt es sich aus. Da Sisalteppiche sich nicht statisch aufladen können , sind die daraus gewonnen Bodenbeläge auch für EDV-Räume gut geeignet. Durch die Rollen von Bürostühlen werden die Fasern allerdings regelrecht zermahlen und sind daher ohne spezielle Unterlagen nicht für Büroarbeitsplätze geeignet.

Sisal-Qualität mit gefilztem Wollgarn veredelt
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Sisal-Bodenbelag - reguliert das Raumklima
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Kokos

Bodenbeläge aus Kokos sind beim berühmten roten Teppich der Klassiker schlechthin. Der Rohstoff wird aus den kurzen Fasern der Schale der Kokosnuss gewonnen. Diese Fasern sind sehr dehnbar, fest und langlebig. Außerdem sind die Kokosfasern fettfrei und daher unempfindlich gegen Pilz- und Bakterienbefall, was sie zu einem hervorragenden Bodenbelag für Allergiker, als Schmutzfangmatte oder eben dem „Laufstegteppich“ macht. 

Kokosläufer aus den kurzen Fasern der Kokosnussschale
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DER rote Teppich überhaupt
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Übersicht und Einteilung

Bei der Herstellung von textilen Belägen aus Naturfasern werden häufig unterschiedliche Rohstoffe gemischt. Bei den Mischgeweben wird auch mit Kunstfasern kombiniert.


Tierische Fasern: Schurwolle, Ziegenhaar, Seide, Angora, Kaschmir, Vikunja, Lama, Alpaka, Kamel, Mohair, Rosshaar

Pflanzliche Fasern (Blatt): Sisal, Kokos, Abacá, Ananas, Caroá, Curauá, Henequen, Macambira, Flachs

Pflanzliche Fasern (Bast): Bambusfaser, Brennnessel, Hanffaser, Jute, Kenaf, Leinen, Hopfen, Ramie

Pflanzliche Fasern (Samen): Baumwolle, Kapok


 

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